Herrenfußball

Kreisligatrainer Dilek Özden nimmt 74 Kilo ab: "Der Fußball gibt mir den nötigen Halt"

Der 28-jährige Coach des 1. FC Kleve III hat sich innerhalb von eineinhalb Jahren fast halbiert und ist jetzt wieder als Spielertrainer am Ball.
5. November 2021 Herrenfußball | Kleve / GeldernText: Filippos Kounelis/MSPW
Kreisligatrainer Dilek Özden nimmt 74 Kilo ab:
Bildquelle: Privat
Vorher und nachher: Dilek Özden, Trainer des 1. FC Kleve III, hat innerhalb von eineinhalb Jahren stark abgenommen.

“Ich habe die Blicke der Eltern auf dem Platz gespürt”, sagt Dilek Özden, Trainer der dritten Mannschaft des 1. FC Kleve in der Kreisliga B Kleve/Geldern, im Gespräch mit FUSSBALL.DE. Spätestens bei diesem unliebsamen Gefühl war es allerhöchste Zeit, eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Der 28-Jährige hatte bei einer Körpergröße von 1,73 Metern ein Gewicht von 160 Kilogramm erreicht und entschied sich zu einer radikalen Maßnahme. Bei einem operativen Eingriff wurden ihm im Mai 2020 rund 80 Prozent seines Magens entfernt.

Mit der Hilfe des sogenannten "Schlauchmagens" nahm der in Kleve geborene Dilek Özden seitdem satte 74 Kilogramm ab. Mittlerweile hat er ein Gewicht von 86 Kilo erreicht. Um sein Wunschgewicht zu erreichen, müssen noch rund sechs Kilogramm runter. Wenn das gelingt, dann hat sich Özden innerhalb von etwa eineinhalb Jahre im wahrsten Sinne des Wortes halbiert.

"Ich hatte ein Gewicht erreicht, bei dem man um seine Gesundheit fürchten muss. Deshalb wurde mir bewusst, dass ich dringend etwas ändern muss", so Özden. "Im Oktober 2019 habe ich mich dann beim Adipositas-Zentrum NRW um einen Termin für eine Magenverkleinerung beworben, den ich ein halbes Jahr später bekam. Wenn man stark übergewichtig ist, dann zieht man die Blicke auf sich. Außerdem habe ich mich unglaubwürdig gemacht, wenn ich Nachwuchsspielern etwas von gesunder Ernährung erzählt habe. Diese Gründe haben zu meiner Entscheidung beigetragen."

Als fußballbegeisterter Jugendlicher durchlief Dilek Özden die Nachwuchsabteilung des SV Bedburg-Hau. Im Alter von 21 Jahren ging es für den Angreifer, der schon damals das eine oder andere Kilo zu viel auf die Waage brachte, wegen einer Hüftverletzung auf dem Platz vorerst nicht mehr weiter. Damit begann auch die konstante Gewichtszunahme.

Weil wegen der Verletzungsfolgen an aktiven Fußball zunächst nicht mehr zu denken war, konzentrierte sich der Anhänger von Borussia Dortmund dann in erster Linie um seine Trainerlaufbahn und übernahm die A-Junioren des SV Siegfried Materborn. Im Anschluss wechselte er zum 1. FC Kleve und arbeitete dort parallel bei den B-Junioren als auch bei der zweiten Mannschaft als Co-Trainer sowie als Jugendobmann. Außerdem war er als Scout für Rot-Weiß Oberhausen tätig. Mit einigen Freunden entschied sich Özden schließlich dazu, eine dritte Mannschaft beim 1. FC Kleve zu gründen, die er als Trainer übernahm. Direkt in der ersten Saison gelang der Aufstieg in die Kreisliga B. Auch das motivierte Özden dazu, sein Gewicht zu reduzieren, um auch wieder selbst regelmäßig auf Torejagd gehen zu können.

Mit jetzt schon mehr als 70 Kilogramm weniger auf der Waage will Özden bei der dritten Mannschaft auch auf dem Platz wieder durchstarten. Als Spielertrainer konnte die komplette Vorbereitung absolvieren. Nach einer achtjährigen Pause hat er allerdings noch ein wenig Aufholbedarf. Sein Ziel: Nach und nach wieder zu alter Form zurückfinden und sich nicht nur an der Seitenlinie, sondern auch auf dem Feld einen Stammplatz sichern.

Ein Oberteil von Dilek Özden aus “alten Tagen".

Mit neuem Selbstbewusstsein will Özden auch abseits des Platzes auf das Thema Übergewicht im Sport aufmerksam machen. Vor allem beim Schulsystem sieht der gelernte Automobilkaufmann Verbesserungsbedarf. "Es müsste sich meiner Meinung nach bereits in den Schulen grundlegend etwas ändern", fordert er: "Wir sehen auf dem Platz immer mehr übergewichtige Kinder. Schulen sollten ihr Sportangebot stärker an die Bedürfnisse der Kids anpassen. Auch im Unterricht könnte das Thema Ernährung ausgiebiger behandelt werden."

Mit Blick auf die voranschreitende Digitalisierung warnt er: "Sicherlich muss man mit der Zeit gehen und kann Kindern nicht das Handy oder das Tablet verbieten. Allerdings sollten Eltern immer die Kontrolle darüber haben, bevor es irgendwann zu spät wird." Auch von Seiten des Amateur- und Nachwuchsfußball könnte sich Özden vorstellen, in jedem Verein einen Verantwortlichen zu haben, der sich um die Themen Gesundheit und Ernährung kümmert. Ähnlich wie es wegen der Corona-Pandemie jetzt Hygienebeauftragte gibt.

Schließlich habe er selbst gespürt, wie sich ein übergewichtiger Mensch verändert. Er selbst versteckte sich hinter der Trainerrolle und achtete nicht mehr auf die eigenen Bedürfnisse. "In meiner schlechtesten Zeit hat mich der Fußball in der Gesellschaft gehalten und mir den nötigen Halt gegeben. Ich hatte so die Möglichkeit, trotz meines Übergewichts am Leben teilzunehmen", zeigt sich der kurdisch-stämmige Fußballer dankbar.

Deshalb hat er seine Entscheidung, sich unter das Messer zu legen, zu keiner Zeit bereut. Allerdings: Könnte er die Zeit zurückdrehen, dann hätte Dilek Özden schon wesentlich früher versucht, die nötigen Pfunde ohne eine notwendige Operation zu verlieren.

Das Feedback auf seine "Verwandlung" sei dabei voll und ganz positiv. Für junge Menschen hat er auch deshalb einen Rat: "Es muss sich keiner, der ein paar Kilos zu viel auf den Rippen hat, für irgendetwas schämen. Es ist nicht schlimm, sich Freunden, der Familie oder auch Lehrern zu öffnen, um sich beraten zu lassen."

Auf jeden Fall bringe das erheblich verringerte Körpergewicht auch eine ganz neue Lebensqualität mit sich. "Das schönste Gefühl ist, dass ich einfach wieder in ein Geschäft gehen und mir meine Kleidung problemlos kaufen kann", so Özden. "Meinen Schrank habe ich mittlerweile viermal ausgemistet", freut er sich.
 


 

Dieser Text ist am 15. August zuerst hier auf FUSSBALL.DE erschienen und wurde Anfang November aktualisiert.