Die Kapitänin ist Medizinische Fachangestellte, drei Spielerinnen arbeiten in der Kranken- oder Altenpflege, eine ist Arzthelferin und zwei Polizistinnen: Bei den Landesliga-Damen von Eintracht Emmerich ist praktisch die halbe Mannschaft in sogenannten systemrelevanten Berufen tätig. Sie wissen, wovon sie sprechen, wenn es über die Notwendigkeit von strengen Regeln in Zeiten von Corona geht. So auch in der Diskussion darüber, ob ein Verbot für den Amateursport angemessen ist beziehungsweise dabei helfen kann, die Kurve mit der Zahl der täglichen Neuinfektionen abzuflachen.
Romana van Oostveen ist im St. Willibrord-Spital in Emmerich angestellt. Die 27-Jährige arbeitet zwar nicht auf der Virologie oder Infektiologie, wo die Covid-19-Patienten liegen und beatmet werden müssen, aber auch auf ihrer Station, der Inneren Ambulanz, ist das Thema Corona allgegenwärtig. „Wenn wir ausfallen, dann wird es schlimm“, weiß sie.
Die Mittelfeldspielerin möchte sich nicht dem Risiko aussetzen und selber mit SARS-CoV-2 anstecken. Dafür verzichtet sie wohl oder übel auch auf ihr liebstes Hobby. "In der Kabine sitzt man normalerweise eng zusammen. Von daher ist es richtig, dass wir Kontakte vermeiden und nicht durch die Gegend fahren, zum Beispiel nach Duisburg oder Oberhausen-Klosterhardt, wo die Infektionszahlen noch höher sind als bei uns auf dem Land.“
Ob und wann wieder trainiert oder um Punkte gekickt werden kann, weiß auch die Frau vom Fach nicht einzuschätzen. So viel ist aber sicher: „Ich gehe davon aus, dass wir nicht nur im November auf Fußball verzichten müssen, sondern im Grunde jetzt schon in der Winterpause sind und bis zum Frühjahr warten müssen, ob sich die Lage hoffentlich entspannt.
Wie Romana van Oostveen vermisst auch Mirjam Knoop das Training und den Austausch mit ihren Teamkolleginnen. Sie ist Polizistin, die Mutter von zwei kleinen Kindern ist derzeit auf einer halben Stelle im Innendienst bei der Bundespolizei in Kleve-Kellen tätig. Sie muss daher nicht auf Streife kontrollieren, ob die Bürger eine Maske tragen, wo der Mund-Nasen-Schutz vorgeschrieben ist. „Aber ich weiß von meinen Kollegen, die draußen sind, dass es momentan sehr stressig ist“, berichtet Mirjam Knoop und führt aus: „Die meisten Leute sind zwar vernünftig und halten sich an die Regeln, allerdings gibt es auch immer wieder uneinsichtige Bürger, bei denen das Unverständnis steigt und die Beamten werden dann nicht mehr als ‘Freund und Helfer’ angesehen.“
Lob und Anerkennung für Menschen, die in ihren Berufen für andere da sind, seien gut und wichtig, aber Mirjam Knoop gibt zu bedenken: „Muss es dafür erst eine Krise durch eine Pandemie geben?“
Statt sich per Whatsapp oder andere Dienste gelegentlich auszutauschen, würde sie ihre Emmericher Mitspielerinnen gerne wieder persönlich sehen. „Beim ersten Corona-Lockdown hatten wir noch Laufgemeinschaften, aber das fällt jetzt weg. Da auch das Fitnessstudio derzeit geschlossen hat, passiert in Sachen Sport derzeit wenig“, verrät Mirjam Knoop. „Dabei sind wir eine ziemlich ehrgeizige Truppe und waren beim Training fast immer komplett. Ich hoffe, dass es irgendwann weitergeht und wir zur Normalität zurückfinden.“
Das hoffen nicht nur sie und Romana van Oostveen, sondern auch ihre Mitspielerinnen Maike Winzer, Jacqueline Reetz (beide Krankenpflegerinnen), Fabienne Vennemann (ebenfalls Polizistin), Julia Reetz (Altenpflegerin) und Christina Bauhaus (Arzthelferin), die Tochter von Trainer Frank Bauhaus: eben die in sogenannten systemrelevanten Berufen tätigen Corona-Expertinnen von Eintracht Emmerich.
Dieser Text ist am 16. November 2020 zuerst hier auf FUSSBALL.DE erschienen.