Mehr Begeisterung, mehr Ballkontakte, mehr Erfolgserlebnisse, mehr Kreativität: Dafür sollen die neuen Spielformen im Kinderfußball sorgen. Ab Sommer 2024 werden die Spielformen verbindlich und lösen die bisherigen Wettbewerbsangebote bundesweit als feste Formate in der G-, F- und E-Jugend ab. Schon jetzt wird aber im Fußballverband Niederrhein (FVN) auch nach den neuen Spielformen gespielt.
FVN.de hat bei einigen Vereinen im Verbandsgebiet nachgefragt, wie sie zu den neuen Spielformen stehen. Neben Lob gibt es auch kritische Stimmen von Vereinsvertreter/innen, die noch nicht restlos überzeugt sind.
André Brandkamp (Trainer F-Jugend und Koordinator für die neuen Spielformen DJK Tusa 06 Düsseldorf): “Ich bin bereits ein echter Fan der neuen Spielformen. Wenn ich an die alten Spielformen zurückdenke: Bei einem Kader von 12 bis 14 Kindern waren immer ein paar dabei, denen man am Wochenende einen Korb geben musste, weil nicht genügend Plätze in der Mannschaft oder im Kader vorhanden waren, damit alle Kinder genügend Spielzeit erhalten. Bei den neuen Spielformen fällt das weg. Alle kommen zum Spielen, alle müssen auf dem Platz auch mitmachen, damit das Team eine Chance hat. Man verschafft allen Kindern ausreichend Spielzeit, viele Ballaktionen, ein hohes Maß an Bewegungsintensität und persönliche Erfolgserlebnisse. Das alles macht für mich die Einführung der neuen Spielformen alternativlos. Denn unter dem Strich geht es doch einzig und allein darum, dass die Kinder Spaß und Freude haben und entwicklungsgerecht gefördert werden.”
Peter Jansen (Sportlicher Leiter Jugend FSV Vohwinkel): “Für mich sind die neuen Spielformen eher eine Trainingsform und keine Wettbewerbsform. Die Idee dahinter - kleine Gruppen, mehr Ballkontakte, viele Abschlüsse - habe ich durchaus verstanden. Genau deshalb lasse ich im Training aber schon seit vielen Jahren auch auf kleine Tore spielen. Aktuell trainiere ich die Bambini-Mannschaft des FSV, mache das als Alleinkämpfer. Der logistische Aufwand für die neuen Spielformen ist für mich allein jedoch kaum stemmbar. Und die Eltern als Hilfe hinzuzunehmen, widerspricht der Auffassung, dass Eltern auf dem Platz eigentlich nichts zu suchen haben sollte. Ich bin seit mittlerweile rund 40 Jahren im Amateurfußball unterwegs, als Spieler, Trainer und Funktionär. Die neuen Spielformen im Kinderfußball kann mir niemand schönreden.”
Angelika Eickels (Jugendleiterin TURU Düsseldorf): “Wir setzen die neuen Spielformen bei uns im Verein noch nicht in allen Mannschaften um. Zunächst einmal müssten wir uns die nötige Anzahl an Toren besorgen, was auch sicher machbar wäre. Jedoch haben wir samstags für die Jugend immer nur einen Platz zur Verfügung. Wir fragen uns schon, ob die neuen Spielformen dann ohne weiteres umgesetzt werden können. Einer unserer Bambini-Trainer lässt seine Mannschaft bereits nach den neuen Spielformen trainieren. Wenn die Kinder das von klein auf lernen, ist es sicher etwas anderes, als wenn sich E-Jugend-Spieler plötzlich umstellen müssen. Gerade so eine gravierende Umstellung finde ich schwierig. Ich habe die Sorge, dass wir dadurch einige Kinder verlieren. Ich sage aber auch: Vielleicht gewöhnt man sich mit der Zeit an die neuen Spielformen. Ich lasse mich gerne überzeugen. Die Hauptsache ist, egal nach welcher Spielform gespielt wird, dass der Spaß am Fußball stets im Vordergrund steht.”
Leon Michalsky (Jugendleiter DJK Rheinkraft Neuss): “Bei uns im Kreis spielen wir jetzt bereits seit einiger Zeit bei den G- und F- Junioren nach den neuen Spielformen. Unsere Mannschaften haben dabei durchweg positive Erfahrungen gemacht: Kleine Gruppen, kleine Spielfelder, viele Ballkontakte, viele Tore und vor allem viel Spaß für die Kinder! Es werden keine langen Bälle geschlagen, es kommt automatisch zu mehr Ballkontakten, mehr Torschüssen und zu mehr Erfolgserlebnissen. Die Kinder erhalten außerdem die Möglichkeit, sich spielerisch einfacher und selbstständiger zu entfalten. Ebenfalls positiv: Im Spiel sorgen die Kinder für das Fairplay. Das Coaching und die Reize von außen werden durch die neuen Spielformen minimiert.”
Christiane Weidemann (Geschäftsführerin und Koordinatorin Spielbetrieb SV BW Fuhlenbrock): “Für uns ist die Umsetzung der neuen Spielformen schon eine große Herausforderung. Wir haben nun einmal nur eingeschränkte Platzkapazitäten. Gerade im Winter verschärft sich das Problem aus planerischer Sicht, da wir den kompletten Kunstrasenplatz benötigen, um vernünftig nach den neuen Spielformen zu spielen. Ein weiteres Problem: Wir finden derzeit nicht genügend Betreuer. Daher haben wir auch nur eine Bambini-Mannschaft. Wir könnten sicher ein oder zwei Teams mehr stellen, wenn sich genügend Betreuer engagieren würden. Grundsätzlich finde ich die neuen Spielformen aber gut. Die Kinder sollen viel mit dem Ball machen und von außen nicht so sehr eingeschränkt werden. Und genau dafür sorgen die neuen Spielformen.”
Sebastian Rast (Jugendleiter FC Zons): “Ich stehe den neuen Spielformen grundsätzlich positiv gegenüber. Dass alle Kinder Spielanteile bekommen und niemand zu wenig oder sogar überhaupt nicht zum Einsatz kommt, ist ausgeschlossen. Positiv ist auch, dass die vielen Ballkontakten, Abschlüsse und Tore fühlbar zu noch mehr Begeisterung und Spaß führen. Wir haben bei uns auf der Platzanlage eine Garage für das Material reserviert, das wir für die neuen Spielformen benötigen. So halten wir den Aufwand für Auf- und Abbau gering. Was ich derzeit noch nicht absehen kann: Vielleicht ist das Spielen nach den neuen Spielformen auf einen zu langen Zeitraum angelegt. Ich kann mir vorstellen, dass es im E-Jugend-Bereich schwierig sein könnte, Torhüter zu finden. Schließlich haben die Kinder dann zuvor jahrelang im Feld gespielt und sich daran gewöhnt. Ich bin gespannt, wo die Entwicklung gerade in diesem Bereich hingeht.”
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