50, 21 und 18: Christian Wurring und seine beiden Söhne Glenn und Miguel tragen ihr (damaliges) Alter auf dem Rücken. Die Rückennummern beim B-Ligisten Siegfried Materborn sind kein Zufall. Im Spiel gegen den FC Concordia Goch sieht man den Kickern in den schwarz-gelben Shirts ihr Alter also auch aus der Entfernung an.
Für Papa "Kiki" wird an diesem Tag, es ist der 3. November 2019, ein Traum wahr. Nur einmal in seiner Fußballerkarriere wollte er mit seinen Jungs zusammen auf dem Platz stehen. Nun war es so weit, nur wenige Tage nach seinem 50. Geburtstag. "Migi" ist auch gerade 18 geworden, es passt also alles zusammen.
Christian Wurring, wie kam es zu dem besonderen Familientreffen auf dem Platz von Siegfried Materborn?
Christian "Kiki" Wurring: Wir haben einfach den Trainer gefragt, ob das möglich wäre. Es war ja immer schon mein Traum, mit den Jungs zusammen zu spielen, aber vorher hat sich keine richtige Möglichkeit ergeben. Glenn hat ja meistens in der zweiten Mannschaft gespielt und Miguel in der Jugend. Und ich bin zwar noch ab und zu eingesprungen, wenn Not am Mann war, aber natürlich war ich kein Stammspieler mehr der ersten Mannschaft.
Hat dann alles so geklappt, wie Sie sich das vorgestellt hatten?
Christian Wurring: Es kam sogar noch besser! Erst hat mir Miguel ein Tor aufgelegt, und zwar zum 5:3. Dann bin ich ausgewechselt worden und ein paar Minuten später hat er getroffen. Das war einfach ein rundum schöner Tag. Dabei hätte unser Familientreffen auf dem Platz beinahe noch auf der Kippe gestanden, weil Glenn mit muskulären Problemen angeschlagen war. Er hat aber auf die Zähne gebissen und eine halbe Stunde durchgehalten.
Miguel, hat es der alte Herr noch drauf?
Miguel Wurring: Auf jeden Fall, in der Kreisliga B kann er mit seiner Erfahrung und seiner Abgezocktheit vor dem Tor noch gut mithalten.
Haben Sie ihn in dem Spiel gesucht, damit er ja bloß ein Tor macht?
Miguel Wurring: Genau! Ich habe immer wieder versucht, ihn in Szene zu setzen, bis es dann mit dem Treffer zum 5:3 auch geklappt hat. Ich hatte selber vorher auch schon einige gute Chancen und habe mich ein bisschen geärgert, dass die Dinger nicht reingegangen sind, aber vom Spielverlauf her war es für uns so schöner: Erst macht der Vater ein Tor und dann ist einer der Söhne, in dem Fall war ich es, auch noch dran.
Seitdem ist das 8:4 gegen Concordia Goch wahrscheinlich ständiges Thema in der Familie Wurring, oder?
Christian Wurring: Natürlich reden wir immer noch gerne über diesen Tag, denn er ist vielleicht einmalig gewesen. Miguel ist jetzt zur SGE Bedburg-Hau gewechselt, sodass wir nicht mehr alle zusammen bei Siegfried Materborn sind.
Es kann sein, dass Sie bald gegeneinander spielen...
Miguel Wurring: Ich habe natürlich sofort in den Spielplan geguckt, wann unsere Zweite gegen Materborn spielt. Das ist der 6. Dezember, an Nikolaus! Ich bin zwar mit dem Ziel nach Bedburg gegangen, um den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen und in der Landesliga zu spielen, aber es kann ja sein, dass ich auch mal in der zweiten Mannschaft bin - so wie jetzt zum Saisonauftakt gegen SuS Kalkar.
Und dann?
Miguel Wurring: Das wäre schon komisch, gegen meinen alten Verein anzutreten, mal unabhängig davon, ob Papa oder Glenn dann auf der anderen Seite dabei wären.
Christian Wurring: Ganz klar: Ich habe viel lieber mit den Jungs zusammen gespielt, als dass ich gegen einen von beiden auflaufen würde. Es müssten ja schon viele Zufälle zusammenkommen, also erstens dass Miguel bei Bedburg in der zweiten Mannschaft spielt, denn ich wünsche ihm, dass er sich bei der SGE durchsetzt und sein Talent in der ersten Mannschaft in der Landesliga zeigen kann. Und zweitens müssten Glenn sowie ich bei Siegfried Materborn an dem Tag in der ersten Mannschaft dabei sind. Das ist eher unwahrscheinlich, aber man weiß ja nie, was im Fußball passiert. (lacht)
Sie arbeiten alle zusammen beim Süßwarenproduzenten Katjes in Emmerich. Wie viele Tappsy-Bären gehen in der Frühstückspause über den Tisch?
Miguel Wurring: Einige, das ist unser Grundnahrungsmittel. Nein, im Ernst, klar sitzen wir an der Quelle, aber als Sportler ernähren wir uns selbstverständlich nicht nur von Süßigkeiten. Wir arbeiten auch in verschiedenen Bereichen, ich bin als Auszubildender bei Papa in der Werkstatt und Glenn ist Industriemechaniker. Natürlich aber laufen wir uns auch in der Firma über den Weg - dann aber ohne Ball. (lacht)
Dieser Text ist am 15. September 2020 zuerst hier auf FUSSBALL.DE erschienen.