Torjägerkanone für alle

Trophäe fürs Döner-Restaurant: Bester Kreisliga B-Torjäger Deutschlands Emre Kilic im Interview

In 27 Einsätzen für Rot-Weiss Essen II erzielte Kilic 82 Tore. Nun wechselt der 29-Jährige zu BW Fuhlenbrock in die Kreisliga A.
9. August 2024 Allgemein | GlobalText: MSPW/Peter Haidinger
Trophäe fürs Döner-Restaurant: Bester Kreisliga B-Torjäger Deutschlands Emre Kilic im Interview
Bildquelle: Privat

Mit 82 Toren in nur 27 Einsätzen war Emre Kilic maßgeblich an der Meistersaison von Rot-Weiss Essen II in der Kreisliga B beteiligt. Damit sicherte er sich in der 9. Liga die Torjägerkanone für alle. Umso erstaunlicher, dass Kilic dem Traditionsklub den Rücken kehrte und künftig für den A-Kreisligisten Blau-Weiß Fuhlenbrock auf Torejagd geht. Im FUSSBALL.DE-Interview nimmt der 29-Jährige Stellung.

FUSSBALL.DE: Mit 82 Treffern haben Sie sich die Torjägerkanone in der 9. Liga gesichert. Haben Sie immer daran geglaubt, dass Sie am Ende ganz oben stehen werden, Herr Kilic?

Emre Kilic: Ganz ehrlich: Es war von Anfang an mein Ziel. Nach zehn Spieltagen schwand jedoch mein Glauben daran, weil ich bis dahin noch nicht so oft getroffen hatte. Danach habe ich nicht mehr auf die Statistik geschaut. Erst als es wieder besser für mich lief und ich nur noch fünf Konkurrenten vor mir hatte, war ich wieder hungrig und habe alles dafür gegeben, um am Ende ganz oben zu stehen.

Das Team stand bereits viele Wochen vor dem Saisonfinale als Meister und Aufsteiger fest. Wie haben Sie sich weiterhin motiviert?

Kilic: Ich wollte unbedingt bester Torschütze in Deutschland werden. Das Trainerteam und meine Mitspieler haben gemerkt, dass ich im Endspurt richtig aufdrehe. Die Jungs meinten schon: Wenn ich von Beginn an so engagiert gewesen wäre, hätte ich wohl 120 Buden gemacht. (lacht)

Haben Sie ihren Spielstil geändert und sind eigensinniger geworden?

Kilic: Es gab Situationen, in denen ich vorher vermutlich abgespielt hätte. Aber ich habe zu meinen Teamkollegen gesagt, dass sie nicht sauer sein sollen, wenn ich nicht abspiele. Aber ich wollte unbedingt die Kanone.

Was bedeutet Ihnen der Gewinn der Torjägerkanone für alle?

Kilic: Bei meinem ehemaligen Verein VfR Bottrop-Ebel hatte ich in der Kreisliga A intern mal alles abgeräumt. Ich war mit 52 Treffer bester Torschütze, wurde zum Spieler der Saison gewählt und wurde auch als bester Scorer ausgezeichnet. Das alles ist mit dem Gewinn der Torjägerkanone für alle aber nicht zu vergleichen. Ich finde es super, dass man im Amateurbereich auch mit einer solchen Trophäe ausgezeichnet wird.

Emre Kilic hatte von Beginn an die Torjägerkanone für alle fest im Blick. Foto: Privat

Wie viele Treffer hatten Sie sich als Ziel gesetzt?

Kilic: In jeder Mannschaft, in der ich gespielt hatte, war ich immer derjenige, der am meisten Tore erzielt hat. Das festgelegte Ziel lag vor der Saison zwischen 80 und 100 Toren. Da bin ich dann am Ende auch gelandet.

Das war aber eine ambitionierte Ansage, oder?

Kilic: Ich weiß, was ich kann, und war auch von unserem Team total überzeugt. Wäre ich hungriger in die Saison gegangen, dann hätte ich bestimmt dreistellig getroffen. Ich habe wirklich sehr viel liegengelassen, weil Konzentration und Konsequenz bei einer hohen Führung automatisch abfallen. Wenn man 6:0 führt, macht man eher noch einen Haken, bevor man abschließt.

In der Rückserie hatten Sie auch mal in zwei Spielen in Folge keinen Treffer erzielt. Wie haben Sie darauf reagiert?

Kilic: Im ersten Spiel war ich einfach nur blind, habe zwei sichere Dinger liegengelassen. In der anderen Partie hatte ich am Abend zuvor mächtig gefeiert und zu tief ins Glas geschaut. Auf dem Platz habe ich den Ball und die Spieler doppelt gesehen, mich deshalb auch nach 20 Minuten auswechseln lassen. (lacht) Danach bin noch einmal in mich gegangen und habe mir selbst gesagt, dass ich 50 Prozent mehr geben muss, um die Kanone zu gewinnen.

Tore wecken bekanntlich Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen. Mussten Sie viele Anfragen abblocken?

Kilic: Ich hatte aus dem Kreis Oberhausen/Bottrop bestimmt 20 bis 25 Anfragen vorliegen, hätte sogar in die Landesliga wechseln können. Vor meiner Zeit bei Rot-Weiss Essen hatte ich sogar Angebote aus der Oberliga abgelehnt.

Warum hat es bei Ihrer Torgefährlichkeit nicht für ganz oben nicht gereicht?

Kilic: Da bin ich ehrlich: Ich war zu bequem und hatte keine Lust, mich zu quälen.

Hatten Sie bei Ihrem Wechsel zum Drittligisten Rot-Weiss Essen im Hinterkopf, dass Sie vielleicht sogar in den Profikader hineinrutschen könnten?

Kilic: Definitiv. Wenn man fast 40 Tore in der Hinrunde erzielt, hofft man darauf, dass man zumindest einmal zum Probetraining bei den Profis eingeladen wird. Aber es rührte sich nichts. Damit kann ich auch ganz gut leben. Am Samstag werde ich Rot-Weiss Essen gegen Alemannia Aachen (Endergebnis: 1:2) als Zuschauer anfeuern.

Warum haben Sie sich für den Schritt zu Blau-Weiß Fuhlenbrock in die Kreisliga A entschieden?

Kilic: Ich mache mich demnächst selbstständig, werde Ende August ein Döner-Restaurant in Bottrop eröffnen. Ich bin verheiratet und wir erwarten im Oktober unser erstes Kind. Ich kann den zeitlichen Aufwand einfach nicht mehr betreiben, spiele deshalb vor meiner Haustür.

Einen Tag vor Ihrem 30. Geburtstag werden Sie am 14. Oktober in München die Torjägerkanone beim Nations-League-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen EM-Halbfinalist Niederlande überreicht bekommen. Wie groß ist bereits die Vorfreude?

Kilic: Noch kann ich mir gar nicht vorstellen, wie das ablaufen wird. Ich bin total gespannt und freue mich riesig auf dieses Event.

Haben Sie sich bereits einen Platz für die Trophäe ausgedacht?

Kilic: Ich werde die Torjägerkanone in meinem neuen Lokal in einer Vitrine platzieren.

 


Dieser Text erschien zuerst am 2. August 2024 auf FUSSBALL.DE.