Ecke Schaumburg, Kopfball Müller – Tor! So einfach ist das, wenn der VfB 03 Hilden seine “Island-Variante” ins Spiel bringt. Wie die Nordeuropäer, die bei der EM 2016 sensationell bis ins Viertelfinale vorstießen, haben auch die Hildener „Zwerge“ eine besondere Finte bei Ecken einstudiert. Mit Erfolg: Zum Saisonauftakt der Oberliga Niederrhein siegte die Elf von Trainer Tim Schneider am vergangenen Samstag, 5. September, beim Aufsteiger 1. FC Mönchengladbach mit 3:2. Dreifacher Torschütze bei den Gästen: Robin Müller, jeweils nach Eckball von Kapitän Stefan Schaumburg.
Für den 24-Jährigen war es nicht nur wegen der Treffer ein besonderer Tag: Nach fast eineinhalb Jahren Verletzungspause wegen eines Fußbruchs feierte Robin Müller in Mönchengladbach sein Comeback. Wenn dann ein Stürmer zum Wiedereinstand knipst, ist es eine schöne Geschichte – aber Robin Müller ist Abwehrspieler, sein letztes Törchen gelang ihm vor über vier Jahren.
FVN.de: Robin Müller, können Sie inzwischen glauben, was da am Samstag beim Spiel in Mönchengladbach passiert ist?
Robin Müller: Inzwischen auf jeden Fall eher als unmittelbar nach dem Spiel. Da haben mir natürlich alle gratuliert und mich bejubelt, aber da konnte ich das noch gar nicht so richtig realisieren.
Drei Tore macht man nicht in jedem Spiel, und das noch als Abwehrspieler...
Müller: Genau! Es ist ja schon eine Ewigkeit her, dass ich zuletzt getroffen hatte. Das war im August 2016 bei einem 2:1-Sieg in Hönnepel-Niedermörmter. Dazwischen hatte ich leider viel mit Verletzungen zu kämpfen, erst bin ich wegen eines Knorpelschadens im Knie für ein Jahr ausgefallen und dann habe ich mir im März 2019 den Fuß gebrochen. Mein behandelnder Arzt hat mir geraten, dass der Fuß nicht operiert werden müsste und der Knochen so wieder zusammen wachsen würde. Dann habe ich mir den Fuß aber im Sommer noch einmal gebrochen, also hat sich die Geschichte sehr lange hingezogen. Kurz vor der Coronapause war ich zum Glück so weit, dass ich wieder trainieren konnte, aber durch den Saisonabbruch ist es jetzt erst zum Comeback gekommen.
Schöner hätte es nicht ausfallen können, oder?
Müller: So sieht's aus! Ich war am Sonntag fast den ganzen Tag bei uns in Hilden auf dem Platz und habe mir die Spiele unserer zweiten und dritten Mannschaft angeguckt. Alle haben mich natürlich auf die drei Tore angesprochen, so richtig glauben konnte das keiner (lacht).
Erzählen Sie uns bitte, wie die Treffer zustande gekommen sind! Da soll es ja einen besonderen Trick geben...
Müller: Ja, die Island-Variante. Unser Torwarttrainer Björn Scheffels kam letztens mit der Idee, wir sollten das doch mal üben. Als wir Mitte August im Trainingslager in Deudesfeld der Eifel waren, haben wir das vormittags trainiert und dann am Abend im Testspiel gegen den SV Ellscheid gleichmal ausprobiert. Es geht darum, dass ich als Zielspieler vor dem Tor von meinen Mitspielern freigeblockt werde und so dann frei zum Kopfball kommen soll. Was soll ich sagen, es hat sofort geklappt! Stefan Schaumburg hat die Ecke geschossen und ich das Ding mit dem Kopf reingemacht.
Und in Mönchengladbach dann gleich dreimal!
Müller: Genau, alle Tore liefen nach demselben Muster ab. Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen und lagen schon nach vier Minuten 0:1 hinten. Dann kam die 10. Minute, Ecke für uns. Stefan nimmt sich den Ball und zirkelt ihn zwischen Elf- und Fünfmeterpunkt, wo ich von den Jungs freigeblockt werde - 1:1. Beim 2:1 für uns in der 47. Minute ging der Kopfball nicht direkt rein, sondern wurde auf der Linie von einem Mönchengladbacher noch abgewehrt, aber mir direkt vor die Füße, so dass ich nur noch abstauben musste. Das 3:1 fiel dann nur wenige Minuten später, der Ball flog diesmal etwas näher zum Tor, aber ich habe ihn trotzdem noch gut erwischt und gegen die Laufrichtiung des Gladbacher Keepers reingeköpft.
Haben Sie sich nicht gewundert, dass sich die Gladbacher nicht spätestens nach Ihrem zweiten Treffer auf die Island-Variante eingestellt haben?
Müller: Okay, das war ja nicht mein Problem (lacht). Eigentlich im Gegenteil, zwischen dem 1:1 und dem 2:1 für uns hätte es fast noch einmal gerappelt. Das war etwa Mitte der ersten Halbzeit, aber den Kopfball hat ein Gladbacher noch von der Linie geholt.
Darf man Sie ab sofort Kopfball-Ungeheuer nennen?
Müller: Von meiner Körpergröße her passt das eher nicht, denn ich messe nur 1,78 Meter. Dennoch würde ich sagen, dass ich kopfballstark bin, denn ich habe ein gutes Timing und eine ziemliche Sprungkraft. Ich will den Ball einfach kriegen, ob vorne oder hinten, das klappt meistens ganz gut. Außerdem sind Stefan Schaumburgs Ecken auch perfekt, sodass wir da durchaus gefährlich sind.
Nun dürften die kommenden Gegner vor der Hildener Island-Variante gewarnt sein. Lässt Ihr Euch jetzt etwas neues einfallen?
Müller: Ich denke schon, dass wir da flexibel sind, aber was die nächste Variante ist, wird hier natürlich nicht verraten (lacht).
Wie viele Tore haben Sie sich denn für die Mammutsaison mit 44 Spieltagen vorgenommen?
Müller: Vor dem ersten Spiel habe ich zu Björn Scheffels gesagt, dass ich mindestens sechs Tore machen würde. Jetzt habe ich schon drei auf dem Konto, da wäre es ja ziemlich lächerlich, wenn nicht mehr dabei herumkommen würde.