Robert Kruppa ist Versicherungsmakler. Den besten Abschluss hat der Spielertrainer der Spielvereinigung Rheurdt-Schaephuysen Anfang Januar diesen Jahres gemacht. Es ist eine Art sportliche Lebensversicherung, die dem schon etwas abgeschlagenen Tabellenletzten der Kreisliga A im FVN-Fußballkreis Moers den Klassenerhalt garantieren soll. Der Name: Konstantinos Mitroglou, 65-maliger griechischer Nationalspieler, mehr als 15 Jahre lang Erstliga-Profi in sechs verschiedenen Ländern, 41 Mal in der Champions League am Ball. Und jetzt Rheurdt-Schaephuysen, Kreisklasse, ab und zu auf Asche, sein Debüt gab er nun im Testspiel gegen den FC Traar.
Für Robert Kruppa ist der Coup mit „Kosta“ allerdings keine Sensation, auch wenn der Hype um die Nachricht, dass der WM-Teilnehmer von 2014 nun auf dem Dorf spielen würde, natürlich auch ihn ein paar Tage lang erfasste. „Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder mal darüber gesprochen, dass wir wieder zusammen kicken wollten. Jetzt ist es so weit“, nickt der frühere A-Junioren-Bundesligaspieler (MSV Duisburg, Energie Cottbus).
Wie sein im Fußball weit gereister Freund ist Robert Kruppa 34 Jahre, in der Jugend spielten beide beim SV Neukirchen in einem Team. Weil in Andreas Altenbeck, André Apitzsch sowie Jaques Wichert drei weitere frühere Neukirchener Mitroglou-Kumpels inzwischen in Rheurdt-Schaephuysen am Ball sind, war für den neuen Star der Kreisliga klar: „Wenn er seine Profikarriere beendet, möchte er wieder mit uns zusammen Fußball spielen“, berichtet Robert Kruppa. Der Kontakt zu dem im griechischen Kavala geborenen, aber am Niederrhein aufgewachsenen Konstantinos Mitroglou sei während seiner gesamten Karriere nie abgebrochen.
Nach den fußballerischen Anfängen beim TuS Preußen Vluyn und beim SV Neukirchen 21 wagt der talentierte Stürmer im Jahr 2003 in der C-Jugend den Sprung zum MSV Duisburg. Von den „Zebras“ geht es weiter zu den „Fohlen“ von Borussia Mönchengladbach, ehe „Kosta“ Mitroglou nach seinem ersten Seniorenjahr in der Gladbacher U 23 die große, weite Welt des Fußballs in Angriff nimmt.
Im Sommer 2007 wechselt er nach Griechenland zu Olympiakos Piräus, drei Monate später sieht er das berühmte Estadio San Bernabeu von Real Madrid - und zwar nicht als Zuschauer. Im Duell mit den „Königlichen“ kommt er zwar für Piräus noch nicht zum Einsatz, doch auf seinen ersten Auftritt in der Champions League muss er trotzdem nicht lange warten. Am 28. November 2007 wird er bei Piräus‘ 2:1-Sieg über Lazio Rom in der Schlussminute eingewechselt - damals, mit gerade einmal 19 Jahren, steht die europäische „Königsklasse“ in der Vita des Jungen aus Neukirchen-Vluyn.
Insgesamt sieben Jahren steht Konstantinos Mitroglou bei Olympiakos unter Vertrag, zweimal wird er in dieser innerhalb des Heimatlandes seiner Vorfahren ausgeliehen, zu Panionos und Atromitos Athen. Der FC Fulham in England, erneut Piräus, Benfica Lissabon, Olympique Marseille, Galatasary Istanbul, PSV Eindhoven und schließlich Aris Saloniki sind die weiteren Stationen seiner Karriere, die acht Meisterschaften (fünfmal in Griechenland mit Piräus, zweimal in Portugal mit Benfica und einmal in der Türkei mit „Gala“) sowie fünf nationale Pokalsieger zieren. 2012 wird er zum griechischen Fußballer des Jahres gewählt, endgültig zum Volkshelden wird er, als er im November 2013 „Hellas“ mit drei Toren in den Qualispielen gegen Rumänien zur WM in Brasilien schießt.
Seine stärkste Phase aber hatte er wohl in Lissabon. Im Trikot von Benfica wird er zum Schreckgespenst der gegnerischen Abwehrreihen, auch Borussia Dortmund bekommt die Torgefährlichkeit des 1,88-Meter-Bullen zu spüren. Im Champions-League-Achtelfinale 2017 schockt „Kosta“ Mitroglou den BVB im Hinspiel mit seinem Treffer zum 1:0, beim Wiedersehen in Dortmund allerdings machen die Schwarzgelben um Dreifach-Torschütze Pierre Emerick Aubameyang kurzen Prozess und schalten Benfica mit 4:0 aus.
In den Jahren in der oberen Etage des Fußballs sind die Kumpels aus der deutschen Heimat immer wieder dabei. Ob in Piräus, Marseille, Lissabon, Eindhoven oder Istanbul: „So oft es ging haben wir ‚Kosta‘ bei den Spielen besucht“, verrät Robert Kruppa.
Das Duell mit Borussia Dortmund ist nun knapp sechs Jahre her, im Fußball kann das eine Ewigkeit sein. Jetzt also der FC Traar. Es ist Sonntag, der 5. Februar 2023, als der frühere Star aus der Champions League zum ersten Mal für die Spvgg. Rheurdt-Schaephuysen am Ball ist. „Für ihn war das der optimale Gegner, um gut reinzukommen“, freut sich Robert Kruppa.
8:0 geht die Partie für die Spielvereinigung gegen den B-Ligisten aus, der prominente Neuzugang trifft fünfmal. „Man hat natürlich gesehen, was ‚Kosta‘ am Ball kann“, nickt der kickende Coach, der sich den Job an der Seitenlinie normalerweise mit Ralf Wildraut teilt.
Technisch ist „Kosta” Mitroglou auf einem ganz anderen Niveau als seine jetzigen Gegner unterwegs, die Fitness für die Kreisliga aber muss sich auch ein langjähriger Profi, wenn er eine Zeit keinen Verein mehr hat, noch holen. „Nach seinem Cut vom Profifußball hat sich ‚Kosta‘ erst einmal eine Auszeit gegönnt und hat jetzt erst bei uns wieder mit dem Training angefangen“, berichtet Robert Kruppa.
Am Sonntag geht es wieder im Punkte, dann ist Rheurdt-Schaephuysen beim ESV Hohenbudberg zu Gast. Der neue Star der Blau-Weiß-Grünen wird dann wohl noch nicht dabei sein, sondern die Punktspiel-Premiere für seinen neuen Klub erst im folgenden Heimmatch gegen den VfL Rheinhausen feiern. Die Aufholjagd unten im Tabellenkeller soll aber möglichst schon in Hohenbudberg losgehen, dann eben noch ohne Konstantinos Mitroglou. „Wir haben uns in der Winterpause gut verstärkt und fühlen uns für den Kampf gegen den Abstieg gewappnet“, betont Robert Kruppa.
In Samir Husejnagic und Lukas Schickel kamen zwei neue Torhüter hinzu, außerdem die Feldspieler Yannick Nellen, Jamal Aanen, Marinus Werft und Kevin Zülsdorf. Aufrichten werden sie sich alle an einem Spieler - Konstantinos Mitroglou. „Die Jungs sind euphorisch, mit solch einem Spieler auf dem Platz stehen zu dürfen“, strahlt Robert Kruppa.
Eine Police, die dem Schlusslicht den Klassenerhalt in der Kreisliga A garantiert, hat auch seine „Versicherungsschneiderei“ nicht - die Wahrscheinlichkeit aber, dass es mit Konstantinos Mitroglou zum erfolgreichen Abschluss kommt, ist ziemlich hoch.