Ercan Aydogmus denkt noch lange nicht ans Aufhören. Der Mittelstürmer, der in der Regional- und Oberliga dreimal Torschützenkönig wurde, feierte kürzlich seinen 41. Geburtstag. Seit Anfang des Jahres geht der Oldie in der Landesliga Niederrhein für den VfB Speldorf auf Torejagd. Im Interview spricht er über den Kampf gegen die Waage und sein besonderes Verhältnis zur Zahl 58.
Am vorvergangenen Spieltag haben Sie beim 7:0-Erfolg gegen VfB Frohnhausen ihren ersten Doppelpack für den VfB Speldorf geschnürt (zudem hat Aydogmus auch beim 5:3 gegen den SV Genc Osman Duisburg zwei Treffer erzielt; Anm. d. Redaktion). Wieviele Tore haben Sie sich für diese Spielzeit vorgenommen, Herr Aydogmus?
Ercan Aydogmus: Wichtig ist, dass wir als Mannschaft erfolgreich sind und guten Fußball spielen. Ein großes Dankeschön gebührt meinen Teamkollegen, ohne die ich niemals diese Aufmerksamkeit bekommen hätte. Ich kann nur glänzen, wenn die Mannschaft harmoniert und funktioniert. Ich habe mir keine Marke gesetzt. Aber wenn ich keine Tore schieße, bin ich unzufrieden. (lacht)
Sie haben schon zahlreichen Vereinen mit ihren Treffern zu Erfolgen verholfen. Wo fielen die Feierlichkeiten am heftigsten aus?
Aydogmus: Den Aufstieg mit Fortuna Köln in die 3. Liga werde ich nie vergessen. Wir haben im Playoff-Rückspiel beim FC Bayern München II praktisch mit dem Schlusspfiff das erlösende 1:2 erzielt. Das reichte nach unserem 1:0 aus dem Hinspiel. Wir sind damals nach München geflogen und zurück mit dem Bus gefahren. Wir haben praktisch an jeder Tankstelle gehalten, um für Getränke-Nachschub zu sorgen. In Köln waren wir schließlich um 4 Uhr morgens. (lacht)
Welcher Trainer hat Sie am meisten gefördert?
Aydogmus: Uwe Koschinat, der jetzt für den Zweitligisten SV Sandhausen arbeitet, habe ich viel zu verdanken. Er hat mich vom Rivalen FC Viktoria zu Fortuna Köln geholt. Er hat mir vertraut und das Gefühl gegeben, dass man auch mit 35 Jahren noch Topleistungen bringen kann. Ich habe sein Vertrauen mit Toren und Vorlagen zurückgezahlt.
Welche Ziele verfolgen Sie jetzt mit dem VfB Speldorf?
Aydogmus: Durch die Pandemie starten wir in der Landesliga mit drei statt zwei Staffeln. Von daher ist alles neu und schwer einzuschätzen. Außerdem haben wir eine komplett neue Mannschaft, müssen erst konstant unsere Leistung abrufen, bevor wir Ziele ausgeben. Wir wollen jedoch oben mitspielen. Träumen ist erlaubt.
Die Vorbereitung auf eine neue Saison ist bei zahlreichen Spielern nicht gerade beliebt. Wie sehr mussten Sie sich mit jetzt 41 Jahren quälen?
Aydogmus: Gar nicht, weil ich mich bereits während der Corona-Zwangspause gut vorbereitet und regelmäßig meine Läufe absolviert hatte. Ich bin topfit zur ersten Trainingseinheit erschienen.
Was treibt Sie an und woher nehmen Sie die Motivation?
Aydogmus: Das ist in erster Linie mein Ehrgeiz, der mich antreibt. Beim Wuppertaler SV hatte ich 2017 einen Knorpelschaden im Knie, wurde operiert und musste lange pausieren. Das Ende der Karriere drohte. Aber ich konnte mich damit nicht abfinden, wollte auf gar keinen Fall so abtreten. Es folgte ein kurzes Intermezzo beim SV Scherpenberg. Anschließend bin ich zum SV Genc Osman Duisburg gewechselt und mit dem Klub von der Bezirks- in die Landesliga aufgestiegen. In Duisburg hatte mich das Physiotherapeuten-Ehepaar Britta und Uwe Schwarz, die mich seit 15 Jahren betreuen, richtig fit gemacht. Genc Osman Duisburg wollte mich als spielenden Co-Trainer behalten. Ich wollte es aber noch einmal wissen und in einer höheren Liga angreifen. Deshalb bin ich zum Landesligisten Cronenberger SC gewechselt, habe mit 42 Toren und 18 Vorlagen zum Aufstieg des Vereins in die Oberliga beigetragen.
FUSSBALL.DE: Was war Ihr ideales Kampfgewicht und wieviel Kilogramm bringen Sie aktuell auf die Waage?
Aydogmus: Am wohlsten habe ich mich mit 80 Kilogramm gefühlt. Aktuell wiege ich 84 Kilo. Ich möchte fit bleiben, achte auf meinen Körper, ernähre mich richtig. So gesehen ist es auch ein ständiger Kampf gegen die Waage. (lacht) Jedes weitere Kilogramm vermindert mein Laufvermögen.
Was wäre in Ihrer Karriere möglich gewesen, wenn Ihnen der Knorpelschaden im Knie erspart geblieben wäre?
Aydogmus: Den Knorpelschaden hatte ich erst mit 36 Jahren, also schon im Spätherbst meiner Karriere. Aber wenn ich zuvor auch von anderen Verletzungen verschont geblieben wäre, hätte ich mir vor 15 Jahren die 2. Bundesliga durchaus zugetraut.
Wer war Ihr härtester Gegenspieler?
Aydogmus: Jörn Nowak, der jetzt Sportlicher Leiter beim West-Regionalligisten Rot-Weiss Essen ist, hatte damals für Rot-Weiß Oberhausen gespielt und war sehr unangenehm. Gleiches gilt für Dimitrios Pappas, der jetzt RWO-Cheftrainer ist. Auch Daniel Flottmann, der heute immer noch Stammspieler beim SV Rödinghausen ist, hat mir das Leben schwergemacht.
Vom Fußball können Sie nicht leben. Was machen Sie beruflich?
Aydogmus: Seit vier Jahren habe ich einen Fulltime-Job, arbeite an meinem Wohnort in Mülheim an der Ruhr in der Edelstahl-Branche.
Wie lange haben Sie noch vor, dem Ball hinterherjagen?
Aydogmus: Solange mich meine Füße tragen, ich gesund bleibe und der Verein mir weiterhin vertraut, ist kein Ende in Sicht. (lacht)
Schon seit Jahren laufen Sie mit der Rückennummer 58 auf. Warum?
Aydogmus: In der Türkei sind die Autokennzeichen der Städte nach Nummern unterteilt. Die 58 steht für Sivas, die Heimatstadt meiner Eltern. Deshalb steht sie auf meinem Trikot. Nur bei Fortuna Köln durfte ich "meine" Nummer nicht tragen, weil in der 3. Liga nur Trikotnummern bis 40 erlaubt waren. Ich musste mich mit der 9 begnügen. (lacht)
Dieser Text ist am 18. September zuerst hier auf FUSSBALL.DE erschienen.