Am 15. Juli 2018 wird Frankreich mit einem 4:2-Sieg gegen Kroatien Weltmeister. Wie erwartet, sichert sich die Startruppe um Kylian Mbappé, Antoine Griezmann und Paul Pogba den Titel. Auch für Rechtsverteidiger Benjamin Parvard ist es der Höhepunkt in seiner noch jungen Karriere.
Wie der damalige Stuttgarter und heutige Münchner Bayern den WM-Pokal in den Moskauer Nachthimmel reckt, ist auf einem handgemalten Bild verewigt. Dominik Reinert hat es gezeichnet.
Im folgenden Interview beschreibt der Abwehrspieler des Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen, wie es zum Porträt für den Weltmeister kam und was seine Mitspieler über sein Faible für die Kunst sagen.
Herr Reinert, ein Fußballer, der auch als Künstler erfolgreich ist, ist eher selten. Wie kamen Sie zur Malerei?
Dominik Reinert: Ich habe schon in der Schule gemerkt, dass ich ein Interesse an der Malerei habe und eine gewisse Begabung fürs Zeichnen mitbringe. Am liebsten habe ich Bleistift-Skizzen angefertigt oder einfach mit Buntstiften gemalt, mit Pinseln und Wasserfarben hingegen konnte ich nicht viel anfangen. Das war mir immer zu ungenau. Dann sollte ich eines Tages im Kunstunterricht ein Stillleben zeichnen, ein Obstkorb war das. Das ist mir wohl so gut gelungen, dass die Lehrerin mir das Bild gar nicht mehr zurückgeben wollte und mich gefragt hat, ob sie es behalten beziehungsweise als Geschenk weitergeben dürfe.
Der Beginn einer vielversprechenden Karriere...
Reinert: Überhaupt nicht! Nach dem Abi auf dem Steinbart-Gymnasium in Duisburg habe ich mich gar nicht mehr mit der Malerei beschäftigt, sondern mich ganz auf den Fußball konzentriert. Erst vor zwei Jahren kam das Thema wieder auf, weil ich auf der Suche nach einem Bild für meine Wohnung war und nichts gefunden habe, was zu meinem Einrichtungsstil passte. Also habe ich mir selber ein Motiv überlegt, eine Leinwand und Farbe geholt und dann losgelegt.
Wer war Ihr erstes 'Opfer'?
Reinert: Ein Löwe (lacht). Als das Bild fertig war, habe ich es auf Instagram gepostet und, was soll ich sagen, danach ging die Post ab. Seitdem erhalte ich regelmäßig Anfragen beziehungsweise Aufträge zu malen.
Alle wollten den ersten echten Reinert...
Reinert: Zumindest habe ich viele positive Rückmeldungen erhalten, sowohl aus dem Mannschaftskreis beziehungsweise aus der Fußballszene allgemein, aber natürlich auch von meinen Freunden und Bekannten außerhalb des Sports. Einige haben mich gefragt, ob ich sie nicht zeichnen könne und so kam es auch zum Porträt von Benjamin Parvard.
Erzählen Sie bitte!
Reinert: Ich habe mit Freunden und Mitspielern zu Hause meinen Geburtstag gefeiert, darunter war auch mein ehemaliger RWO-Mitspieler Yassin Ben Balla, der jetzt beim MSV Duisburg ist. In meiner Wohnung standen noch ein paar Bilder, davon hat er Benjamin Parvard Fotos geschickt. Die beiden sind befreundet, und er hat direkt geantwortet, ob ich auch ihn porträtieren könne. Das war kurz nach der WM, also habe ich Benjamin Parvard mit dem WM-Pokal in der Hand gezeichnet. Als er dann ein paar Monate später mit Stuttgart in Mönchengladbach gespielt hat, sind Yassin und ich zum Mannschaftshotel des VfB in Düsseldorf gefahren und haben ihm das Bild überreicht.
Zahlt ein Weltmeister mehr für einen 'Reinert' als ein 'Normalbürger'?
Reinert: Über Preise rede ich nicht (lacht). Nein, im Ernst, ich unterscheide nicht, ob jemand viel oder wenig Geld hat. Ich berechne die Anschaffungskosten für Leinwand und Farbe sowie meinen Stundensatz, der ist für alle gleich.
Wen nehmen Sie sich als Vorbild, die großen Meister wie Rembrandt und van Gogh?
Reinert: Da ich mit abstrakter Malerei nicht so viel anfangen kann, sondern mich das Konkrete in der Kunst mehr interessiert, bin ich eher bei Michelangelo. Wenn ich es zeitlich schaffe, versuche ich auch, so häufig wie möglich in Museen und Ausstellungen zu gehen, um mich inspirieren zu lassen. Faszinierend finde ich aber auch, was Wolfgang Betracchi gemacht hat. Er ist einer der größten Kunstfälscher, was ich an sich verwerflich finde, aber er hatte zweifellos sehr großes Talent, sonst hätte er nicht viele Originale so detailgetrau nachzeichnen können.
Fußball gilt immer noch als harter Männersport, wer sich für Bücher oder Kunst interessiert, gilt doch als Sonderling. Kommen da nicht Sprüche in der Kabine?
Reinert: Anfangs schon, aber inzwischen ist das Gegenteil der Fall: Ich bekomme immer mehr Anfragen aus der Mannschaft oder auch von Spielern anderer Vereine, ob ich Sie nicht zeichnen könne.
Sind Sie denn auch ein Künstler am Ball?
Reinert: Das war sogar schon mal die Überschrift eines Artikels (lacht). Und irgendwas war auch mal nach dem Motto: 'Der kann gut mit dem Pinsel umgehen'. Im Ernst, ich denke, dass mein Spiel eher technisch und nicht vom körperlichen geprägt ist, daher ist der Vergleich mit dem Künstler am Ball nicht so weit hergeholt.
Wie viel Zeit verbringen Sie auf dem Fußball-Platz und wie viel vor der Leinwand?
Reinert: Ich schaue dabei nicht auf die Uhr, aber meine Tage sind schon recht voll. Ich studiere ja auch noch Psychologie an der Fern-Uni Hamburg, dafür gehen die Vormittag drauf. Nachmittags ist Training und danach fange ich an zu malen. Das ist für mich ein super Ausgleich zum Fußball, viel besser als auf der Couch zu liegen.