DFB-Pokal der Frauen

"Kämpferherzen" aus Kleve fordern bei DFB-Pokal-Premiere Borussia Bocholt

Als aktueller Gewinner des ARAG Niederrheinpokals hat sich der VfR SW Warbeyen erstmals für die erste Hauptrunde qualifiziert.
19. August 2022 Frauenfußball | GlobalText: Ralf Debat/MSPW
Bildquelle: Markus Endberg
Der VfR Warbeyen ist als aktueller Niederrheinpokalsieger für den DFB-Pokal qualifiziert.

Es ist das bislang größte Spiel der Vereinsgeschichte. Als aktueller Gewinner des ARAG Niederrheinpokals hat sich der VfR Schwarz-Weiß Warbeyen 1945, in der abgelaufenen Saison Tabellenfünfter in der Frauen-Regionalliga West, zum ersten Mal für den DFB-Pokal der Frauen qualifiziert.

Am kommenden Sonntag, 21. August (ab 15 Uhr), erwartet das Team von Trainer Sandro Scuderi (42) in der ersten Runde zwar "nur" den künftigen Ligakonkurrenten Borussia Bocholt, der gerade aus der 2. Frauen-Bundesliga abgestiegen ist. Der kleine Verein aus einem Ortsteil der Stadt Kleve hofft zu diesem Niederrhein-Pokalderby allerdings auf eine vierstellige Kulisse im Stadion Bresserweg. Und das, obwohl Warbeyen gerade einmal etwas mehr als 700 Einwohner/innen hat.

"Der gesamte Verein will aus unserem ersten Auftritt im DFB-Pokal ein großes Fest machen", sagt Sandro Scuderi im Gespräch mit DFB.de. "Deshalb packen alle kräftig mit an und betreiben Werbung für diesen Höhepunkt."

Auch sportlich geht es der VfR Warbeyen äußerst ambitioniert an. "Wir sind zwar Außenseiter", so der Trainer: "Aber ganz klar: Wir wollen weiter Geschichte schreiben." Genau dieser Spruch stand nämlich auf den Siegershirts des Teams nach dem souveränen 8:0-Finalsieg im Niederrheinpokal beim Bezirksligisten SC Rhenania Bottrop, mit dem der VfR erstmals den "Pott" gewann und damit gleichzeitig das Ticket für den DFB-Pokal löste.

Aufmerksame Beobachterin des Endspiels in Bottrop war Nationalspielerin Linda Dallmann (27) vom FC Bayern München. Das hat einen guten Grund. Ihre jüngeren Schwestern, die 24 Jahre alten Zwillinge Jule und Pauline, gehören schließlich seit zwei Jahren zum Aufgebot des aufstrebenden Klubs aus Kleve, nachdem beide zuvor auch schon in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga und in der 2. Frauen-Bundesliga am Ball waren. Jule steuerte im Pokalfinale auch einen Treffer zum Premierenerfolg des Vereins bei.

Besonders bemerkenswert: Die Dallmanns sind nur eines von insgesamt gleich drei Zwillingspaaren im Team. Auch Chloé und Zara Rickes (21) sowie Anna und Sophie Schneider (19) kicken gemeinsam für den VfR. Alysha Zemlin (19) war bis vor kurzem ebenfalls noch gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester für Warbeyen am Ball. Jetzt aber tritt Kira ein wenig kürzer und legt zumindest vorerst eine Pause ein.

Jubel über eines der acht Tore im Endspiel um den Niederrheinpokal.

Bekannt - auch über die Kreisgrenzen hinaus - sind die VfR-Frauen als "Kämpferherzen". Diesen Namen hatte sich eigentlich eine im benachbarten Bedburg-Hau vor knapp zehn Jahren gegründete Mädchenmannschaft zugelegt. Hintergrund: Obwohl es sportlich zunächst für das neuformierte Team alles andere als gut lief und es eine Reihe deutlicher Niederlagen gab, zeigten die Spielerinnen vorbildlichen Kampfgeist, gaben nie auf und arbeiteten ständig daran, sich zu verbessern.

Eine Einstellung, die schon bald dazu führte, dass sich die Mannschaft immer mehr steigerte, nach und nach ambitionierter wurde und sich dann auch erste Erfolge einstellten. Weil sich die höher gesteckten sportlichen Ziele schließlich nicht mehr mit den damaligen Vorstellungen beim SV Bedburg-Hau deckten, entschieden sich die "Kämpferherzen" zum Wechsel nach Warbeyen, wo der Mädchen- und Frauenfußball schon seit Jahrzehnten intensiv gefördert wird.

"Dieser Zusammenschluss war ein großer Gewinn für alle Beteiligten", sagt der aktuelle VfR-Trainer Scuderi, der mit den Rickes- und Schneider-Zwillingen sowie Julia Hülsken, Selina Grabbe und Alysha Zemlin, alle zwischen 19 und 21 Jahre jung, gleich sieben Spielerinnen im Kader hat, die schon zur Gründerzeit für die "Kämpferherzen" gekickt hatten.

Dazu kommen dann noch einige erfahrene frühere Bundesliga- und Zweitligaspielerinnen wie etwa Sandra Starmanns (31), viermalige Torschützin im Niederrheinpokal-Finale, Ines Ridder (31), Julia Koj (27), Carolin Mooren (27) oder die tunesische Nationalspielerin Hanna Hamdi (26). "Die Mischung stimmt einfach bei uns", lobt der Trainer.

Sandro Scuderi, der früher selbst als aktiver Fußballer für den VfR Warbeyen am Ball war, trainiert die Mannschaft jetzt in der vierten Saison. Der Sportlehrer an einer Gesamtschule im nahen Kevelaer führte das Team zum erstmaligen Aufstieg in die Regionalliga West und dort in der ersten kompletten Saison auf Rang fünf.

Gleichzeitig verbesserten sich auch die weiteren Rahmenbedingungen und die Nachwuchsförderung des Klubs nach und nach. Die U 17 schaffte ebenfalls den Aufstieg in die Regionalliga, die U 20 verpasste den Sprung in die Landesliga nur knapp. Auch im U 11-, U 13- und U 15-Bereich stellt der Dorfverein inzwischen eigene Mädchenmannschaften. Sollte sich die sportliche Entwicklung fortsetzen, dann muss auch ein möglicher Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga zumindest für die nächsten Jahre keine Utopie mehr bleiben.

Überhaupt ist das weibliche Geschlecht im Klub die klare Nummer eins. Die erste Männermannschaft kickt gerade einmal in der Kreisliga C.

Begonnen hatte auch Scuderis Trainerlaufbahn im Amateurfußball der Männer. Unter anderem betreute er - damals noch zu Landesligazeiten - den jetzigen West-Regionalligisten SV Straelen sowie den SV Sonsbeck (aktuell Oberliga Niederrhein). Mit seinem Engagement im Trainerteam des damaligen Frauen-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach war dann jedoch das Feuer für den Frauenfußball beim Deutsch-Italiener entfacht.

"Die Motivation der Spielerinnen ist höher, die Leidenschaft größer, die Leidensfähigkeit ausgeprägter", gerät Scuderi regelrecht ins Schwärmen: "Bei den Frauen wird im wahrsten Sinne des Wortes noch ehrlicher Fußball gespielt. Damit kann ich mich voll identifizieren."

Mit dieser Einstellung wollen die "Kämpferherzen" jetzt auch für die erste Überraschung im DFB-Pokal sorgen. Die Form stimmt, wie unter anderem ein 15:0-Kantersieg im Verbandspokal beim Bezirksligisten SuS Dinslaken 09 oder ein 3:0 im Test gegen die U 17-Juniorinnen des Bundesligisten SGS Essen belegen. Auch gegen die U 20 des VfL Wolfsburg aus der 2. Frauen-Bundesliga zog sich der VfR beim 0:2 ordentlich aus der Affäre. Borussia Bocholt kann zum Bresserberg kommen.


Dieser Text ist zunächst am 18. August auf DFB.de erschienen.


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