Frauen, Führung und Fußball. Das waren drei große Themen, die im Rahmen der SPOBIS Conference am 31. Mai und am 1. Juni in Düsseldorf diskutiert wurden. Für den größten Sportbusiness-Kongress in Europa organisierten der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und sein Mobilitätspartner Volkswagen bereits zum vierten Mal ein speziell auf die 21 DFB-Landesverbände - darunter der Fußballverband Niederrhein (FVN) - zugeschnittenes Programm. Im Rahmen des Workshops „Female Future Leaders in Football“ erhielten die Vertreterinnen wichtige Impulse, um sich als Führungspersönlichkeiten weiterzuentwickeln. Unter anderem referierten die beiden ehemaligen Nationalspielerinnen Nia Künzer und Almuth Schult sowie Sabine Mammitzsch, DFB-Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball, und Jana Bernhard, Geschäftsführerin der Initative „FUSSBALL KANN MEHR“.
Gleich zu Beginn wurde deutlich, warum das Thema eine so wichtige Rolle spielt. „Von 150 Führungspositionen in der Fußball-Bundesliga sind aktuell nur vier Stellen von Frauen besetzt“, sagte „FUSSBALL KANN MEHR“-Geschäftsführerin Jana Bernhard in ihrem Impulsvortrag vor dem voll besetzten Plenum. „Das sei dramatisch“, kommentierte die Vermarktungsexpertin die Zahlen, die von der im vergangenen Jahr gegründeten gemeinnützigen GmbH „FUSSBALL KANN MEHR“, die aus der gleichnamigen Initiative hervorging erhoben wurden. Die Netzwerkorganisation setzt sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit im Fußball ein.
Studien hätten belegt, dass geschlechtergemischte Teams innovativer seien und komplexere Probleme besser lösen könnten. „Das heißt nicht, dass Frauen besser sind als Männer. Sie sind anders“, erklärte Bernhard. Vor allem eher männlich geprägte Industrien erreichten in Deutschland im vergangenen Jahr die höchsten Frauenquoten: die Technologiebranche (30 Prozent), der Aerospace-Sektor (25 Prozent) und die Automobilindustrie (22 Prozent). Um solche Ergebnisse über alle Wirtschaftszweige hinweg zu erzielen, sei es wichtig, das Thema Gleichberechtigung ganz oben anzusiedeln. „Diversität ist eine absolute Führungsaufgabe“, forderte Bernhard.
DFB initiiert Programme für Führungskräfte im Fußball
Für dieses Ziel rief der DFB zuletzt mehrere Initiativen ins Leben: unter anderem das vor zwei Jahren gestartete Programm „Future Leaders in Football“ (FLF), das der Verband gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Volkswagen umsetzt.
Hierbei geht es um die Bestärkung und Fortbildung vor allem von Frauen, die im Fußball Führungspositionen anstreben oder bereits innehaben und in ihren Ländern zum Teil vor gesellschaftlichen Herausforderungen stehen. Bei der ersten Edition nahmen Menschen aus 15 unterschiedlichen Ländern teil. Mittlerweile fanden zwei weitere dieser Fortbildungen statt: in Jordanien und im Rahmen der WM 2022 in Katar. Die nächste Ausgabe ist noch in diesem Jahr in der Balkan-Region geplant.
Ehemalige Nationalspielerin Omilade befürwortet Leadership-Programme
Dass genau solche Programme unverzichtbar im Sport sind, betonte Navina Omilade. Die 61-malige deutsche Nationalspielerin, die mit dem VfL Wolfsburg 2013 das Triple gewann, absolvierte selbst vergleichbare Programme. „Heute weiß ich, wo meine Stärken liegen und was ich damit bewirken kann“, sagt Omilade. Die heutige Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbands (SHFV) befürwortet, dass Leadership-Programme weiter gefördert werden. „Durch die vom DFB geförderten Programme sind einige Personen hervorgegangen, die heute bei uns in Führungspositionen arbeiten, zum Beispiel als Hauptamtliche oder Vorsitzende von Ausschüssen.“ An die anwesenden Landesverbände richtete Omilade den Appell: „Nehmt so etwas mit, wenn ihr die Möglichkeit habt!“
Doris Fitschen, Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball beim DFB, stellte den aktuellen Stand der im vergangenen Jahr initiierten „Strategie Frauen im Fußball FF27“ vor. Erste Erfolge sind sichtbar. So stieg beispielweise die Anzahl von aktiven Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen seit der erfolgreichen UEFA Women’s EURO 2022 um 25 Prozent an. Die mediale Reichweite des Fußballs der Frauen wurde über alle Plattformen hinweg verdoppelt und der Frauenanteil in Gremien und hauptamtlichen Führungsebenen des DFB beträgt mindestens 30 Prozent. Aus Sicht von Sabine Mammitzsch nicht genug. Mit Blick ins Auditorium sagte die DFB-Vizepräsidentin: „In diesem Raum sitzen heute ungefähr 50 Prozent Frauen. So würde ich mir auch ein DFB-Gremium wünschen.“
Authentizität, Orientierung und Vorbildfunktion
In einer Diskussionsrunde stellten sich die ehemaligen Nationalspielerinnen Nia Künzer und Almuth Schult der Frage, was gute Leadership ausmacht. „Man sollte ehrlich sein und authentisch bleiben. Das ist die Grundlage“, erklärte Künzer. Zudem sollten Führungskräfte Orientierung geben, Entscheidungsfreudigkeit vorleben und Vorbild sein. Schult betonte, dass sie in den vergangenen zehn Jahren eine große positive Entwicklung beim Thema Leadership beobachtet habe. Allerdings gehöre auch dazu, Veränderungen vorzunehmen: „Wenn man einen Nachfolger für eine Position sucht, schaut man oft erstmal nach jemandem, der dieser Person sehr ähnelt.“ Das sei falsch. Dadurch würden Frauen oder jüngere Menschen vielleicht gar nicht die Chance bekommen, sich zu beweisen.
In Düsseldorf wurde erneut deutlich, dass starke Frauen in Führungspositionen essenziell sind für nachhaltigen Erfolg im Fußball. Aber auch in der Wirtschaft.
Gerd Voss, Leiter der Volkswagen Sportkommunikation, war sich sicher: „Wir werden alle mit viel positiver Energie und dem Mut zum Weitermachen aus dieser Veranstaltung gehen.“