Ein knapper Bericht vom aktuellen Spiel, eine Vorschau zum Vereinsfest oder verdiente Funktionäre im Bild: Viele Amateurklubs am Niederrhein geben sich alle Mühe, auf ihrer Internet- oder Facebook-Seite den Fans ein paar Infos zum Vereinsleben zu bieten. Weil für die ehrenamtlichen Kräfte in den Klubs die Pflege der virtuellen Kanäle zu ihrem wichtigen Einsatz rund um den Platz und in der Kabine ja noch dazu kommt, bleibt es oft bei eher bescheidenen Online-Auftritten.
Anders ist da der 1. FC Bocholt aufgestellt.
Der Oberligist hat eine siebenköpfige Medienabteilung und muss sich mit seinen innovativen Ideen sowie digitalen Services vor manchem Profiverein gewiss nicht verstecken. Nachdem der frühere Zweitligist vor einem Jahr für seine Fans einen WhatsApp-Service an den Start brachte, ist nun ein neues Angebot der „Schwatten“ viral gegangen.
Philipp Meißner formt die Hände zu einem Herz. Den Anhängern des 1. FC Bocholt gefällt das. Mehr als eine Million Mal (Stand: 21. August) wurden die GIFs auf den verschiedenen sozialen Netzwerken in den ersten Wochen gesehen! Allein 100.000 Views gab es in den ersten 24 Stunden. "Vor jeder Saison überlegen wir uns, wie wir etwas Neues in unsere Online-Kanäle integrieren können“, verrät Stefan Schniedertöns vom Bocholter Mediateam.
Er und 1. FCB-Pressesprecher Benjamin Kappelhoff haben vor einigen Jahren die Agentur skeon Digital GmbH gegründet und sind dementsprechend auf der Höhe, was zu einem modernen Online-Auftritt gehört. Beim "Media Day" kürzlich, als ohnehin Porträtfotos für die Homepage geschossen wurden, mussten die Kicker wie Ex-Profi Maurice Exslager (MSV Duisburg, 1. FC Köln) eineinhalb Stunden nachsitzen, ehe die lustigen Aufnahmen im Kasten waren. Neuzugang Exslager zum Beispiel lüftet das Trikot und präsentiert seinen muskelbepackten wie fast ganzflächig tätowierten Oberkörper. „Die Jungs hatten eine Menge Spaß dabei“, nickt Stefan Schniedertöns und fügt an: „In ihren WhatsApp-Gruppen werden die GIFs immer noch fleißig hin- und hergeschickt.
Spitzenreiter ist bisher Philipp Meißner mit mehr als 56.000 Aufrufen allein für seine Herz-Geste, dahinter folgen Florian Abel, der mit den Fingern Geld zählt, und der sich seine Arme wischende Marc Beckert mit jeweils rund 49.000 Aufrufen. Andere Spieler machen das Auswechseln nach, wischen sich den Schweiß von der Stirn oder imitieren, wie Lars Bleker, Serge Gnabry beim Umrühren nach einem Tor. Die GIFs können von jedem Nutzer auf fast jeder Plattform wie WhatsApp, Facebook, FB-Messenger oder Instagram genutzt werden. So wird vor allem eine jüngere Zielgruppe angesprochen – und natürlich auch Internet- beziehungsweise Social-Media-Nutzer, die bisher überhaupt nichts mit dem 1. FC Bocholt zu tun hatten.
„Was der Verein da macht ist fast erstligareif“, schwärmt Philipp Meißner von der Bocholter Kreativschmiede. Der 28-Jährige geht nun in seiner vierte Saison am „Hünting“, hat zuvor in der Jugend aber schon bei größeren Vereinen wie Bayer Leverkusen, Fortuna Düsseldorf oder dem Wuppertaler SV und später in den Senioren in der Regionalliga bei der SSVg Velbert und dem FC Kray gekickt. „In Bocholt passiert in Sachen Social Media immer etwas Neues. Das kannte ich von meinen vorherigen Vereinen nicht“, nickt Philipp Meißner.
Im Vorfeld der Aufnahmen für die GIFs wurden den Spielern verschiedene Gestiken oder Posen vorgelegt, aber sie durften natürlich auch selber Ideen einbringen. So wie Daniel Neustädter, der Bruder des früheren deutschen und aktuellen russischen Nationalspielers Roman Neustädter (unter anderem Borussia Mönchengladbach, Schalke 04). „Daniel wollte sich vier Goldketten umhängen und einen russischen Tanz aufführen“, berichtet Philipp Meißner lachend und führt aus: „Das ging dann nicht, die Szenen sind ja auch nur sehr kurz.“
Auch für alt eingesessene Bocholter bereitet das junge Mediateam des 1. FC gerade ein neues Tool vor. Da Klicks auf Spieler-GIFs zwar viel Reichweite erzeugen, aber nicht direkt Geld einspielen, sollen auch die finanzkräftigen Partner des Vereins von der deutsch-niederländischen Grenze digital noch besser eingebunden werden. „Wir wollen unseren Sponsoren eine Plattform bieten, auf der sie die eigenen offenen Stellen im Umfeld des 1. FC bewerben können", kündigt Stefan Schniedertöns an. Dies soll aber nur der Anstoß sein: „Die Pflege unserer Sponsoren ist extrem wichtig. Hier wollen wir in den kommenden Monaten noch viele weitere Ideen umsetzen.“
Dafür erhält die Webseite in den nächsten Tagen erst einmal einen kompletten Relaunch. Auch wenn andere Vereine nicht die Möglichkeiten wie die Bocholter Digital-Profis haben, eins kann ihnen Stefan Schniedertöns als Rat mit auf den Weg geben: „Das Ah und Oh im Fußball ist natürlich die Aktualität. Jeder Post sollte einen Mehrwert für die Benutzer haben. Wenn auf der Startseite ein Ereignis von vor ein paar Wochen steht, kommen die nicht wieder.“
Die Jungs vom „Hünting“ wollen zudem in den nächsten Wochen am liebsten mit vielen Toren und guten Oberliga-Ergebnissen Schlagzeilen machen. Dazu könnte ja Maurice Exslager giphymäßig das Shirt lüften.
Alle GIFs des 1. FC Bocholt gibt es unter https://giphy.com/fcbocholt zu sehen.